Eine Sonderwoche für die Nachhaltigkeit

Eine Sonderwoche für die Nachhaltigkeit

Im Regelunterricht ist jede Lektion normalerweise auf die Inhalte ihres spezifischen Faches beschränkt. In Sonderwochen hingegen ist interdisziplinäre Arbeit zu gesellschaftsrelevanten Themen möglich. In der Woche «Nachhaltigkeit» setzen sich die Teilnehmenden seit 2021 mit dem Konzept auseinander, das auch im Fokus der UNO-Entwicklungsziele steht. Ein Einblick.

Carina Lukosch und Johanna Feil

Nachhaltigkeit, auch unter dem englischen Begriff Sustainability bekannt, hat spätestens seit Greta Thunberg und der Bewegung Fridays for Future an Popularität gewonnen und mag für manche vielleicht sogar zum Trendbegriff geworden sein. Gleichzeitig ist für einige (junge) Menschen eine existenzielle Klimaangst real und spürbar, das Interesse an einem nachhaltigen Leben gross. Aber wie können die Generationen von heute und morgen eine gesunde Zukunft für alle aktiv mitgestalten?

Beim Upcycling wird Wegwerfmaterial erneut zum Gebrauchsgegenstand. (Bilder: Johanna Feil)

Seit zwei Jahren bietet die Kantonsschule Kreuzlingen ihren Schülerinnen und Schülern im Rahmen der interdisziplinären Sonderwoche ein Projekt mit dem Namen «Nachhaltigkeit» an. Was recht schnörkellos daherkommt, ist alles andere als einfältig: Eine Woche lang setzen die Teilnehmenden sich theoretisch und praktisch mit gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit auseinander, unternehmen Exkursionen und werten schliesslich ausgediente Produkte wieder auf. Eine in vielfältiger Weise nachhaltige Woche also.

Sustainability – mehr als nur ein Trend

Trend hin oder her, die Frage, wie wir heute dazu beitragen können, dass auch für die Generationen nach uns eine gesunde Zukunft möglich ist, bleibt existenziell. Der erste Schritt zu einer lebenswerten Zukunft besteht wohl darin, Missstände zu erkennen und auf diese aufmerksam zu machen. Erst im nächsten Schritt können konkrete Lösungsansätze entworfen werden. Veränderung fängt also mit Umdenken an und ein Umdenken geschieht letztlich individuell. Die Frage ist also nicht «Was können wir tun?», sondern sie muss lauten «Was bin ich bereit zu tun?». Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat im Jahre 2015 mit der Agenda 2030 konkret 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) formuliert, welche als Leitfaden auf allen Ebenden von Staat bis Individuum dienen sollen.

Die Nachhaltigkeitsziele der UNO. (UNO)

Auf Pestalozzis Spuren

Inwiefern die Lage der Kanti Kreuzlingen an der Pestalozzistrasse einen Einfluss auf die Woche hat, ist unklar. Klar aber ist, dass die Sonderwoche «Nachhaltigkeit» viele Sinne anspricht und so, ganz nach Pestalozzi, ganzheitliches Lernen fördert. Die Woche ist in drei Abschnitte unterteilt und setzt sich zunächst theoretisch mit dem Begriff der Nachhaltigkeit auseinander.

Anhand des dreidimensionalen Erklärungsmodells der Nachhaltigkeit überprüfen und bewerten Schülerinnen und Schüler beispielhaft Produkte und Projekte daraufhin, wie nachhaltig sie tatsächlich sind. Wichtig ist dabei, dass der Fokus nicht nur auf dem ökologischen Aspekt liegt, sondern dass auch die Wirtschaftlichkeit – insbesondere bei kommerziellen Produkten – und soziale Interessen wie faire Arbeitsbedingungen in die Analyse einbezogen werden.

Nachhaltigkeit vereint drei Dimensionen. (Quelle)

Kreislaufwirtschaft als zentrales Konzept

Im weiteren Verlauf der Sonderwoche nimmt die Gruppe das Leben von Produkten vom Rohstoff bis zur Entsorgung genauer unter die Lupe. Der Zyklus eines Produkts wird bei der Führung in der Kehrichtverbrennungsanlage Weinfelden eindrücklich nachvollziehbar, einschliesslich der verschiedenen Möglichkeiten des Recyclings als Option zur Reduzierung der Abfallmengen.

Noch einen Schritt weiter geht das Konzept der Kreislaufwirtschaft, welche im Gegensatz zur linearen Wirtschaft das Ziel hat, den Lebenszyklus von Produkten zu verlängern, um Ressourcen zu schonen. Auf einer Exkursion in den Materialmarkt OFFCUT in St. Gallen wird dieses Konzept für die Lerngruppe erlebbar: Materialien, die nicht mehr gebraucht werden und denen die Entsorgung bevorsteht, werden von Mitarbeitenden des Materialmarkts etwa in Firmen und bei Veranstaltern eingesammelt, im Laden sortiert und günstig verkauft. Ein bunt gefüllter Second-Hand-Markt unterschiedlichster Materialien also, der zum Werken, Bauen und Gestalten inspiriert.

Beim Upcycling Hand anlegen

Nach einer Führung durch den Materialmarkt stellen die Schülerinnen und Schüler in einem Workshop aus verschiedenen Materialien aus dem Laden individuelle Logo-Stempel her, welche sie später als «Markenzeichen» für ihre Upcycling-Produkte an der Schule verwenden können. An dieser Stelle beginnt der dritte und praktische Teil der Sonderwoche, in dem die Jugendlichen an der Schule arbeiten. Sie stellen aus verschiedensten Materialien aus dem Materialmarkt und aus ausgedienten Sachen von daheim Neues her. Es wird genäht, gehämmert, geschreinert und geklebt, den Upcycle-Möglichkeiten sind fast keine Grenzen gesetzt. Im vergangenen Kurs sind vielfältige Objekte entstanden, teils künstlerische Deko-Artikel, teils Gebrauchsgegenstände, welche in den Vitrinen im C-Gebäude der KSK ausgestellt und mit einer kleinen Vernissage – selbstverständlich mit Apéro – gewürdigt wurden.

Diese Sonderwoche ist eine voller Vielfalt und eine, die in ganz unterschiedlicher Hinsicht nachhaltig ist und es hoffentlich bleibt.

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