2021 starteten die Schutzmassnahmen für Wildbienen auf dem Schulhof. Die AG Klima, bestehend aus rund zehn Schülerinnen und Schülern sowie und drei Lehrpersonen, plante gemeinsam mit Felix Fornoff, Wildbienenexperte der Universität Freiburg im Breisgau, ein Insektenhaus und zwei grosse Sandbecken. Damit wird das Angebot an Nistmöglichkeiten für Wildbienen erheblich vergrössert.
Annika Jäger
Felix Fornoff hat das Projekt in Kreuzlingen mit regelmässigen Besuchen fast ein Jahr lang unterstützt. Er war auch am Tag des Aufbaus mit dabei und erklärte der AG Klima nicht nur, worauf es zu achten gilt, sondern legte auch gleich selbst Hand an. Im aktuellen Interview (8. August 2023) beantwortet er Fragen zur Wichtigkeit des Projektes.
Annika Jäger: Bei Wildbienen denkt man eher an Wiesen und Wälder. Warum gibt es auch in Städten Schutzmassnahmen für Wildbienen?
Felix Fornoff: Es gibt drei Gründe für Wildbienenschutz in Städten. Einerseits sind Städte Wärmeinseln, in denen es im Schnitt 3° C wärmer ist als im Umland. Da viele Bienen ebenfalls wärmeliebend sind, kommen sie hier tendenziell gerne vor und manche mediterrane Arten haben sich in Grossstädten angesiedelt.
Annika Jäger: Wieso sollte man in urbanen Räumen noch auf den Schutz von Wildbienen achten?
Felix Fornoff: Vor allem Stadtränder sind Hotspots der Biodiversität. Dies gilt auch auf Wildbienen bezogen. Dies liegt daran, dass der Mensch seine Gärten vielfältig gestaltet, viele Blumen dort unterkommen, Teiche und Sandkästen angelegt sind und überdachte Bereiche trockene Bodenstellen schaffen. Hinzu kommt ein ständiger Nutzungswandel, welcher immer wieder zu Ruderalstellen und freien Sukzessionsflächen führt, die Wildpflanzen einen Lebensraum bieten. Somit gibt es für Wildbienen viele Nist- und dauerhafte Nahrungshabitate.
Annika Jäger: Sie erwähnten noch einen dritten Grund?
Felix Fornoff: Genau. Wildbienen-Schutzmassnahmen wie Insektenhäuser, Blühstreifen und Offenbodenhabitate lenken die Aufmerksamkeit der Menschen auf die kleinen Tierchen und schaffen somit Akzeptanz, Interesse und sogar Wertschätzung. All diese sind die Grundlagen für Naturschutz.
Annika Jäger: Leistet das Projekt auf unserem Schulhof also einen Beitrag zum Schutz der Wildbienen?
Felix Fornoff: Ja, denn Bienen können zwar fliegen, um zwischen Nistplatz und Nahrungsblüte zu «pendeln», aber wenn beides in räumlicher Nähe liegt, sind sie effizienter und können sich stärker vermehren. Somit entstehen grössere Populationen, die dann wiederum umliegende Habitate wie Gärten besiedeln können. Daher sind gerade grösser angelegte Massnahmen, wie sie auf eurem Schulhof umgesetzt wurden, für die Wildbienen bedeutend. In dem grossen Insektenhaus werden über die Jahre sicher Tausende von Wildbienen wohnen und bei geeigneter Pflege auch dauerhaft ein Zuhause finden.
Das Gleiche gilt für den grossen und vielfältigen Offenbodenbereich, welcher der grössten Gruppe unserer Wildbienen, den Sandbienen, einen Nistplatz bietet. Diese Nisthabitate sind die optimale Ergänzung zu den vielfältigen Blumenmischungen und Gehölzen auf dem Schulgelände. Selbst bei Trockenheit bieten Teichpflanzen wie Blutweiderich und Sumpfminze Nahrung für Wildbienen. Daher wurde auf diesem Schulhof ein sehr vielversprechendes Gesamtkonzept zum Wildbienenschutz umgesetzt.
Annika Jäger: Sie haben das Projekt fast ein Jahr lang betreut. Was hat Ihnen an dieser Arbeit gefallen?
Felix Fornoff: Mich haben das grosse Interesse und die Mitarbeit der Schülerinnen und Schüler am meisten begeistert. Alle haben gemeinsam angepackt und selbst in Vor- und Nacharbeiten dem Projekt zum Erfolg verholfen. Die Kombination aus umfänglichen Ressourcen der Schule und dem Engagement der Lehrerschaft, alles passgenau zu organisieren, war beeindruckend! Als biologische Highlights bleiben mir das sofortige «Beziehen» sowohl des Insektenhauses und des offenen Bodens mit verschiedenen Wildbienenarten in Erinnerung. Bei längerem Bestehen der Massnahmen wird sich hier sicher eine sehr reichhaltige Bienengemeinschaft ansiedeln und es werden auch weitere Insekten ein Zuhause finden, welches ich gerne bei gelegentlichen Besuchen in der Region für Beobachtungen aufsuchen werde.